Gruppenhaltung / Gruppenkonstellation

Meerschweinchen sind Rudeltiere. Demzufolge ist Einzelhaltung in der Schweiz auch gesetzlich verboten. Es müssen immer mindestens zwei Tiere gehalten werden, wobei eigentlich erst ab einer Gruppengrösse von 3 – 12 Tieren so richtig Leben in die Bude kommt.

Da der Platzbedarf für 2 – 3 Tiere nicht markant ansteigt raten wir zu 3 Tieren. Einerseits natürlich, weil ein Paar (also 2 Tiere) nicht so viel Rudelcharakter haben wie eine Gruppe von dreien. Es gibt aber noch einen ganz anderen, praktischen Grund: Wenn bei zwei Tieren eines verstirbt, ist sofort Handlungsbedarf. Ich habe es schon erlebt, dass Meerschweinchen innert 2 Stunden Einsamkeit total apathisch wurden und nicht mehr gefressen haben. In diesem Fall geht es um das schlichte Überleben des verbliebenen Tieres. Es muss schnellstmöglich ein neues Gspänli her, Zeit zum Aussuchen bleibt da nicht. Hat man hingegen eine Dreiergruppe bleiben immer noch zweit Tiere übrig und man kann in aller Ruhe nach einem neuen Meeri Ausschau halten.

Noch immer hält sich das hartnäckige Gerücht, Meerschweinchen könnten ausschliesslich in Haremsstrukturen von einem Männchen und mehreren Weibchen gehalten werden. Diese Vorstellung ist etwa so veraltet wie von der Frau am Herd. Hier soll deshalb etwas Klarheit geschaffen werden:

Bockgruppen

Bockgruppen bestehen ausschliesslich aus (kastrierten) Buben. Sie funktionieren wunserbar, solange kein Mädel in die Runde kommt. In den ersten 8Jahren meiner Zuchterfahrung habe ich gerade einmal 3 Boys erlebt, die sich nicht in der Männer-WG zurecht fanden wobei einer davon heute eine andere Bockgruppe führt und damit wunderbar klar kommt. Ich persönlich habe die besten Erfahrungen mit Bockgruppen gemacht, bei denen ein spätkastrierter Bub mehrere Frühkastrate führt. Hier ist die Rangordnung von Beginn an gegeben und wird in der Regel auch nicht mehr umgeworfen.
Ebenfalls gut funktionieren Boygroups, wenn die Frühkastraten von klein auf zusammen gehalten werden, dabei ist es irrelevant ob es sich um Brüder oder blutsfremde Tiere handelt.
Eher schwierig ist es, zwei ausgewachsene – womöglich auch noch unkastrierte – Tiere zu vergesellschaften. Auch das kann funktionieren, ist aber mit deutlichen Risiken verbunden. Wird eine solche Vergesellschaftung versucht, muss immer auch ein Plan B vorhanden sein!
Immer wieder taucht die Frage auf, warum auch die Böcke in einer Männer-WG kastriert werden müssen, schliesslich können da ja keine Babys entstehen. In diesem Fall kommen drei Faktoren zum tragen:

  1. Unkastrierte Männchen markieren deutlich geruchsintensiver als Kastrat n oder Weibchen. Daher auch die landläufige Meinung, Böcke würden stinken – bei unkastrierten trifft das tatsächlich zu.
  2. Unkastrierte Tiere zeigen dominanteres Verhalten als kastrierte Tiere. Hat man also eine Gruppe potenter Herren ist das Risiko grösser, dass Machtkämpfe entstehen.
  3. Blick in die Zukunft: aktuell besteht die Gruppe aus mehreren Männchen, doch irgendwann werden diese alt und sterben. Was tun mit dem unkastrierten alten Bock? Kann wirklich sicher gestellt werden, dass er ausschliesslich Kontakt mit Buben hat, die sich ihm unterordnen?

Weiber-WG

Von einer reinen Mädchen-Haltung rate ich grundsätzlich ab. Zwar gibt es historisch gewachsene Weiber-WGs (meist, weil der Chef irgendwann verstorben ist) die funktionieren, hier gibt es aber eindeutig das höchste Zicken-Risiko.

Männlein/Weiblein gemischt

Der Klassiker in der Meerschweinchen-Haltung ist immer noch die Kombination von kastrierten Männchen und Weibchen. In der Regel wird hier ein Kastrat mit mehreren Weibchen zusammen gehalten. Dies geht in den meisten Fällen tatsächlich problemlos. Insbesondere, wenn zwei oder mehr ältere Tiere vergesellschaftet werden sollen ist dies die ideale Konstellation. Allerdings spielen auch hier die einzelnen Charaktere und die Sympathien eine Rolle. Ich habe in 8 Jahren auch zwei Fälle selbst erlebt, wo diese Gruppenkonstellation nicht harmonierte.

Fortgeschrittene Meerschweinchen-Freunde halten auch gerne mehrere Kastraten mit mehreren Weibchen in einer Gruppe. Auch das funktioniert in den meisten Fällen problemlos, solange A) genügend Platz vorhanden ist und B) der zweite Bub den ersten als Chef akzeptiert. Hier ist ein Verhältnis von mindestens 3 Mädels je Kastrat empfehlenswert. Es gibt aber auch Gruppen (ebenfalls meistens historisch durch Geburt/Tod gewachsen) bei denen mehr Männchen als Weibchen in der Gruppe friedlich zusammen leben. Wenn es funktioniert, bitte nichts an der Konstellation verändern!